W. Tillmans: Was für Frauen waren das?

I. Genzken: Na ja, das waren halt Frauen auf der Straße.

W. Tillmans: Also Frauen, die du kaum gekannt hast und deren Ohren du vor Ort direkt fotografiert hast?

I. Genzken: Ja.

W. Tillmans: Ach so, ja. Wirklich? Auf der Straße? Oder hast du dich dann verabredet mit denen?

I. Genzken: Nein, auf der Straße. Das ging ruckzuck. Die Frauen haben immer gesagt: Ach ja, mein Ohr? Gerne! Aber es war nie so, dass ich jemanden zu Nahe getreten bin, also gesichtet hätte. Sondern es war eben immer nur das Ohr. Und das fanden alle ganz toll. Das war einfach ein schönes Erlebnis. Auch für mich als Fotografin. Ich habe natürlich ein bisschen mit Licht gearbeitet und mit den Haaren in der Sonne… Ich habe versucht, die Situation schön zu machen für das Ohr.

W. Tillmans: Was für eine Rolle hat das Selbstporträt?

I. Genzken: Nach den HiFi-Anlagen und Ohren habe ich dann die X-Rays gemacht. Meinst du die?

W. Tillmans: Sind das die ersten Selbstporträts? Denn dann gibt’s ja noch diese in der Klinik, diese schwarzweißen Bilder.

I. Genzken: Ach so, die. Da hatte ich eine Operation hinter mir, habe mich total gelangweilt und habe dann eben die Kamera genommen und mich fotografiert. Aus Langeweile. Und mir wurde erst hinterher klar, dass diese Arbeit doch etwas Besonderes war. Denn in der Klinik zu fotografieren und die Aufnahmen dann in einem Katalog zu publizieren… da kam plötzlich so eine Ernsthaftigkeit rein. Denn jeder fürchtet die Klinik, und keiner möchte sehen, wie eine Klinik von innen aussieht. Also nicht so richtig. Und jeder hat ja auch ein bisschen Angst davor, da mal selbst hinzukommen. Und ich war nun mal drin. Und ich habe dazu gestanden. Und ich habe die Klinik als Atelier genutzt und angefangen zu fotografieren. Und damit ging es mir besser. Einfach, weil ich dadurch etwas tun konnte.
Ja und die X-Rays… Es hat mich einfach interessiert, wie es innen in meinem Kopf aussieht – und die Vorstellung, dass man meinen Kopf wie eine Weltkugel einfach mal von innen beleuchten könnte. Und danach habe ich die Fassaden in New York fotografiert.

W. Tillmans: Das war Ende der Neunziger, oder?

I. Genzken: Ja. Ende der Neunziger habe ich die Bücher gemacht – und die Fassaden sind kurz danach entstanden.
 
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Ein Text von Benjamin H. D. Buchloh l Ein Gespräch mit Wolfgang Tillmans
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